Information zur Elektronischen Patientenakte (ePA)
Liebe Patientinnen und Patienten,
wir möchten Sie über die Elektronische Patientenakte (ePA) informieren, die Ihnen als Teil unserer modernen Gesundheitsversorgung zur Verfügung steht. Die ePA bietet zahlreiche Vorteile, bringt jedoch auch einige Risiken und Nachteile mit sich, die wir Ihnen nicht vorenthalten möchten.
Vorteile
Das Bundesgesundheitsministerium propagiert auf seiner Homepage die ePA mit folgenden Argumenten:
- Der Einblick in Ihre ePA bringt mehr Durchblick beim Arzt: Die ePA stärkt Ihre Rechte als Patientin und Patient: Wichtige Gesundheitsdaten liegen zukünftig digital vor. Sie können diese jederzeit und wo Sie möchten einsehen. So können Sie etwa Befunde in Ruhe durchgehen und beim nächsten Arzttermin gezielt Rückfragen stellen. Dadurch sind Sie in Zukunft noch besser über Ihre Gesundheit informiert.
- Ihre Ärztin hat Ihre Medikamente sofort auf dem Schirm: Die ePA wird – dank einer Verknüpfung mit dem E-Rezept – für Sie eine automatisiert erstellte digitale Übersicht mit Ihren Medikamenten enthalten. Das unterstützt den gesamten Prozess von der Verschreibung bis zur Abgabe eines Arzneimittels und kann ungewollte Wechselwirkungen verhindern – ein Vorteil für Sie, Ihre Ärztin bzw. Ihren Arzt und Ihre Apothekerin bzw. Ihren Apotheker!
- Sehen Sie Ihre Krankendaten ein, wo Sie möchten: Auf dem Weg in die Praxis noch einmal schnell den letzten Befund checken? Vor dem Besuch in der Apotheke kurz die aktuellen Medikamente überprüfen? In Zukunft geht das: Dank der ePA können Sie mit der ePA-App zu jeder Zeit und ortsunabhängig auf wichtige Gesundheitsdaten zugreifen.
- Lästiges Suchen in der Krankengeschichte ist bald Vergangenheit: Im Rahmen Ihrer Behandlung können alle beteiligten Leistungserbringer auf die in der ePA gespeicherte Krankengeschichte (z.B. Arztberichte, Befundberichte) zugreifen. Das spart Zeit und erleichtert den Behandlungsprozess erheblich! Auch können unnötige Doppeluntersuchungen vermieden und die Behandlung bei einem anderen oder einem neuen Arzt erleichtert werden. Dies ist gerade für chronisch kranke Patientinnen und Patienten oder z. B. nach einem Umzug von Vorteil.
- Wer Ihre ePA lesen darf, können Sie selbst bestimmen: Die Zugänge zu Ihren persönlichen medizinischen Daten verwalten Sie selbst. Sie können jederzeit festlegen und kontrollieren, wer welche Zugriffsrechte hat und diese ändern. Sie können dafür sowohl die kostenfreie App Ihrer Krankenkasse nutzen als auch den Kontakt zu Ihrer Krankenkasse aufnehmen, wenn Sie keine App nutzen möchten. So können Sie bei Bedarf einzelnen Ärztinnen und Ärzten den Zugriff verweigern, etwa im Falle sensibler bzw. diskreter Gesundheitsdaten.
- Arztbriefe, Krankengeschichte und Medikationsliste fließen einfach in Ihre ePA: Alle Vorteile der ePA genießen Sie als Versicherte oder als Versicherter in jedem Fall – unabhängig davon, ob Sie die ePA mithilfe der App selbst aktiv nutzen und verwalten. Denn wichtige Gesundheitsdaten fließen zukünftig automatisch in Ihre ePA. Sie müssen nichts weiter tun.
- Die Daten in Ihrer ePA sind sicher und geschützt: Medizinische Unterlagen, die Sie bislang selbst verwahren mussten, werden zukünftig in Ihrer ePA gespeichert. So wird vermieden, dass diese verloren gehen oder beschädigt werden. Und auch die Datensicherheit ist garantiert: Die Daten sind auf sicheren, in Deutschland stehenden Servern gespeichert – nach höchsten Standards und den europäischen Datenschutzbestimmungen. Außerdem dürfen Informationen aus der ePA immer nur für klar ausgewiesene, legitimierte Zwecke genutzt werden.
- Sie können bestimmen, wer Ihre Daten sehen darf: Sie können selbst entscheiden, ob Sie anderen Menschen den Einblick in Ihre persönliche ePA ermöglichen. So können Sie, wenn es Ihre Lebenssituation erfordert, eine Stellvertreterin oder einen Stellvertreter für die Verwaltung Ihrer ePA benennen – das kann ein Familienmitglied, eine vertraute Person oder auch eine rechtliche Vertretung sein.
(Quelle: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/digitalisierung/elektronische-patientenakte/epa-fuer-alle.html, Zugriff am 29.1.2025, dort auch Links zu weiteren Informationen)
Risiken und Nachteile
Neben den vielen unbestreitbaren Vorteilen einer elektronischen Patientenakte gibt es in der gegenwärtigen Ausgestaltung allerdings noch massiven Risiken und Sicherheitslücken, welche Krankenkassen und Gesundheitsministerium leider verschweigen. Es gibt nämlich auch massive Kritik an der elektronischen Patientenakte, weil viele Risiken gegenwärtig nicht ausreichend kontrolliert sind. Exemplarisch hierfür ist die Pressemitteilung eines Bündnisses von Ärzten, Patientenvertretern, Datenschützern und Bürgerrechtsorganisationen:
ePA für alle – das Risiko trägt der Patient
Die elektronische Patientenakte (ePA) kommt – Risiken und Nebenwirkungen werden nicht thematisiert. Datenschützer empfehlen: informieren und widersprechen.
- Werbekampagne für die ePA, keine ehrliche Information
Derzeit erhalten gesetzlich Krankenversicherte von ihren Krankenkassen Informationsschreiben darüber, dass sie ab 15. Januar 2025 automatisch eine elektronische Patientenakte bekommen – es sei denn, sie widersprechen. „Diese Kurzinformationen“, so Uta Schmitt, Co-Vorsitzende des Vereins Patientenrechte und Datenschutz e.V. „erfüllt in keiner Weise den gesetzlichen Auftrag der Aufklärung für die Versicherten. Die Krankenkassen werben mit unrealistischen Versprechungen für die ePA, erwähnen die Risiken aber mit keinem Wort.“ - Datensicherheit und Privatsphäre sind gefährdet
Die massenhafte zentrale Speicherung von Patientendaten ist ein attraktives Ziel für Hacker und nur schwer gegen unbefugte Zugriffe abzusichern. So wurden Anfang 2024 bei einem Angriff auf einen Dienstleister amerikanischer Krankenversicherungen die Daten von fast einem Drittel der US-Bevölkerung gestohlen und seitdem mehrfach für Erpressungen benutzt. Im deutschen Gesundheitswesen waren es 2024 durchschnittlich eine Datenpanne oder ein Cyberangriff pro Monat.
Doch schon die ePA selbst implementiert den Schutz der Privatsphäre nur ansatzweise: „Wenn Sie sich die Voreinstellungen anschauen, sehen Sie, dass künftig alle 2 Millionen Mitarbeiter im Gesundheitswesen nach bloßem Stecken der Versichertenkarte Zugriff auf die gesamte Akte haben. Künftig kann jede Mitarbeiterin der Apotheke lesen, was in meinem Bericht vom Frauenarzt oder von der Psychologin steht, sobald ich dort ein elektronisches Rezept eingelöst habe“, so Uta Schmitt, „das führt die ärztliche Schweigepflicht ad absurdum“. - Und die Kontrolle durch die Versicherten?
„Selbst auf Ihre Akte zugreifen können Versicherte nur, wenn Sie über ein aktuelles Smartphone mit der ePA-App der Krankenkasse verfügen“, kritisiert Jan Kuhlmann, Jurist und IT-Fachmann aus Hamburg, „und selbst dann ist die Steuerung der Zugriffsrechte auf Dokumente aufwändig und alles andere als intuitiv. Viele Patienten werden daher Schwierigkeiten haben, ihre Akte auch nur einzusehen“.
Problematisch ist laut Datenschützer Kuhlmann auch der Rechtsstatus der ePA: „Da sie nicht vom Arzt geführt wird, genießt sie nicht denselben gesetzlichen Schutz wie eine arztgeführte Patientenakte. Insbesondere unterliegt sie nicht dem Beschlagnahmeverbot.“ - Forschung zur Gewinnmaximierung, nicht zum Patientenwohl
Ebenfalls kaum bekannt ist, dass die gesammelten Patientendaten in der ePA für Forschung und weitere wirtschaftliche Zwecke verwertet werden sollen. Die Ausleitung der Daten an ein Forschungsdatenzentrum ist in den Voreinstellungen der Akte standardmäßig erlaubt und soll – sofern die ePA-Inhaber nicht widersprechen – ab 15. Juli 2025 erfolgen.
Allerdings sind als „Nebenprodukt“ ärztlicher Behandlungen entstandene Patientendaten laut Gerd Antes, Experte für evidenzbasierte Medizin, nicht als Ausgangsmaterial für medizinische Studien geeignet, so dass der Nutzen für Forschung und Patienten überschaubar bleiben wird.
Profitieren können hingegen Firmen, die die ePA-Inhalte für datenhungrige Geschäftsmodelle, wie z.B. das Training von KI, verwenden wollen. Hiervon verspricht man sich auf deutscher wie europäischer Ebene eine bessere Konkurrenzfähigkeit gegenüber Unternehmen aus Ländern wie China, die auf Datenschutz oder andere Grund- und Bürgerrechte keine Rücksicht zu nehmen brauchen. „Dafür, dass er die ,Zweitverwertung‘ der ePA-Daten ermöglicht hat, hat Lauterbach zu Recht der ,Big Brother Award‘ für Datenkraken gewonnen“, meint Uta Schmitt. - Informieren und dann widersprechen
Weitere Informationen finden Interessierte auf der Website des „Bündnis Widerspruch gegen die ePA“, einem Zusammenschluss aus zahlreichen Patientenverbänden, Datenschutzorganisationen, unabhängigen Ärzteorganisationen, Psychotherapeuten und Bürgerrechtlern. Die Website https://widerspruch-epa.de bietet Antworten zu vielen Fragen rund um die ePA sowie Text-Generatoren für die einfache Erzeugung von Widerspruchsschreiben gegen die ePA oder einzelne Datenverarbeitungsvorgänge.
(Quelle: Pressemitteilung der Freien Ärzteschaft vom 20.11.2024)
Aus diesen Gründen sehen auch wir die elektronische Patientenakte in ihrer gegenwärtigen Ausgestaltung eher kritisch. Wir empfehlen Ihnen momentan, der Speicherung ihrer Daten zu widersprechen. Bei Fragen oder Bedenken zur elektronischen Patientenakte wenden Sie sich gerne an unser Praxisteam. Wir stehen Ihnen gerne zur Verfügung, um Ihnen bei der Nutzung der ePA zu helfen.
Vielen Dank für Ihr Vertrauen!
Ihr Praxisteam